Warum Transformation Kräfte zehrt – und wie externe Führung Energie neu organisiert
In der heutigen Arbeitswelt sprechen Unternehmen viel über Strukturen, Prozesse, Rollen und Technologie – aber erstaunlich wenig über etwas viel Grundsätzlicheres:
Energie. Jede Organisation besitzt einen eigenen Energiehaushalt, der sich aus Fokus, Motivation, Klarheit, Konflikten, Unsicherheiten und Führung speist. Dieser Energiehaushalt bestimmt, wie leistungsfähig ein Unternehmen ist – und ob Transformation gelingt oder scheitert.
Was oft übersehen wird: Veränderung verbraucht Energie. Viel Energie.
Nicht nur physisch, sondern psychologisch, emotional und kulturell. Und dieser Energieverbrauch ist in Phasen des Wandels ungleich höher als im Alltagsbetrieb.
Hier entstehen Spannungen, Unsicherheiten und Reibungsverluste, die die Leistungsfähigkeit einschränken. Genau an dieser Stelle setzen Interim Manager:innen an – nicht nur als Projektlenker:innen oder Krisenmanager:innen, sondern als stille, aber entscheidende Energiearchitekt:innen im Unternehmen.
In Organisationen zeigt sich Energie an vielen Stellen. Sie pulsiert in der Art, wie Menschen zusammenarbeiten, in der Geschwindigkeit von Entscheidungen, in der Qualität der Kommunikation. Energie fließt, wenn Klarheit herrscht, Ziele verstanden werden und Verantwortlichkeiten präzise verteilt sind. Sie versickert dort, wo Ungewissheit den Alltag prägt, Konflikte ungelöst bleiben oder Teams versuchen müssen, gleichzeitig ihr Tagesgeschäft zu bewältigen und den zusätzlichen Veränderungsdruck auszuhalten. Gerade in Transformationsphasen wirkt dieses Spannungsfeld besonders: Die Menschen müssen den Alltag bewältigen und zugleich Neues denken, Altes loslassen und Unsicherheit aushalten. Diese Doppelbelastung ist energiefressend – und das wird in Unternehmen systematisch unterschätzt.
Hier entsteht der besondere Wert von Interim Manager:innen. Als Externe kommen sie unbelastet in ein System, das oft schon auf Reserve läuft. Sie bringen Klarheit dorthin, wo Verschleiß entstanden ist. Sie trennen Wichtiges von Unwichtigem und entscheiden, welche Energie wohin fließen muss. Während interne Führungskräfte häufig selbst Teil des energieintensiven Spannungsfeldes sind, können Interim Manager:innen die Gesamtbewegung von außen betrachten. Diese Distanz ist entscheidend, um Energieflüsse neu zu ordnen.
Interim Manager:innen erkennen schnell, wo Energie verloren geht: in endlosen Abstimmungen, in verdeckten Konflikten, in Rollenunklarheit, in Führungslücken oder in über ambitionierten Projekten ohne Priorisierung. Ebenso erkennen sie, wo Potenzial liegt: in engagierten Mitarbeitenden, in tragfähigen Strukturen oder in Teams, die Motivation entwickeln, sobald ihnen wieder Orientierung gegeben wird. Ihre Aufgabe besteht darin, Reibung zu reduzieren und Momentum aufzubauen – immer mit dem Ziel, das System wieder in einen Zustand gesunder, produktiver Energie zu bringen.
Dabei hat Energie in Unternehmen auch eine körperlich-psychologische Dimension. Menschen sind biologische Wesen – Stress, Unsicherheit und Überlast dringen tief in das Nervensystem ein. Sie beeinflussen Konzentration, Kreativität und Entscheidungsfähigkeit.
In Transformationsphasen, in denen ohnehin alles im Umbruch ist, verstärken sich diese Effekte. Führung bedeutet in solchen Momenten nicht nur Steuerung, sondern auch Schutz: die Energie von Menschen ernst zu nehmen, sie zu lenken und zu dosieren. Interim Manager:innen agieren hier wie Architekt:innen, die nicht nur planen, sondern auch stabilisieren.
Sie schaffen Klarheit und Orientierung, die das Nervensystem beruhigen. Sie priorisieren und entlasten, was Teams befähigt, produktiver zu arbeiten. Sie bringen Struktur in Phasen, in denen das Chaos zu überhandnehmen droht. Und nicht zuletzt sorgen sie dafür, dass Energie dort ankommt, wo sie gebraucht wird – für die Zukunft, nicht für das Ringen mit der Vergangenheit.
Transformation gilt oft als rein rationaler Prozess, als Projekt mit Meilensteinen, Budgets und Deadlines. In Wahrheit ist sie allerdings ein zutiefst menschlicher Prozess, der durch Energie getragen oder behindert wird. Interim Manager:innen wirken deshalb nicht nur auf Prozesse oder Entscheidungen ein, sondern auf die Energiearchitektur der Organisation. Sie reduzieren Reibung, bündeln Kräfte, bauen Momentum auf und sorgen dafür, dass Teams nicht kollabieren, sondern gestärkt aus der Veränderung hervorgehen.
In einer Arbeitswelt, die immer schneller wird, deren Anforderungen ständig wachsen und deren Unsicherheiten sich verstärken, ist die Fähigkeit, Energie intelligent zu steuern, zum entscheidenden Erfolgsfaktor geworden. Unternehmen, die nur auf Strukturen schauen, übersehen die wichtigste Ressource im Wandel: die menschliche Energie. Interim Manager:innen machen sie sichtbar – und nutzbar.