„Das haben wir schon immer so gemacht.“
Warum dieser Satz kein Argument, sondern ein Alarmsignal ist.
Ob Produktionsprozesse, Vertriebswege oder Entscheidungsstrukturen – kaum ein Satz begegnet mir als Interim-Managerin häufiger als:
„Das haben wir schon immer so gemacht.“
Was nach Erfahrung, Stabilität oder Beständigkeit klingt, ist in Wahrheit oft ein Zeichen für Stillstand.
Denn wenn dieser Satz fällt, signalisiert er selten eine bewusste Entscheidung – sondern eher:
“Wir haben aufgehört, Dinge zu hinterfragen.”
Und genau da beginnt Veränderung.
Veränderung beginnt mit Fragen – nicht mit Antworten.
Als Externe bringe ich etwas mit, das intern oft verloren geht: einen frischen, neutralen Blick.
Ich bin nicht betriebsblind. Ich muss keine Rücksicht auf eingefahrene Strukturen oder persönliche Befindlichkeiten nehmen. Ich darf – und soll – hinterfragen.
Und genau das tue ich. Ich frage:
- Warum machen wir das so?
- Seit wann?
- Hat sich das je jemand bewusst überlegt?
- Was wäre, wenn wir es heute völlig neu denken müssten?
Diese Fragen sind nicht bequem. Und sie stoßen selten auf Begeisterung.
Aber sie öffnen Räume. Räume für neue Ideen, für andere Wege, für bessere Lösungen.
Denn: Wer nur im Bestehenden denkt, sieht oft nicht mehr, dass sich das Umfeld längst verändert hat.
Der Markt, die Technologie, die Kundenbedürfnisse – alles ist in Bewegung. Nur intern bleibt oft alles beim Alten.
Trägheit im System: Warum Veränderung in Konzernen langsamer ist
Gerade in großen Organisationen ist Veränderung möglich – aber sie braucht Zeit. Viel Zeit.
Ich kenne das.
Ich habe viele dieser Prozesse begleitet. Ich weiß, wie zäh es sein kann. Wie viele Runden eine Entscheidung drehen muss, bis sie fällt. Wie oft der Impuls da ist – aber im System steckenbleibt.
Das liegt nicht an den Menschen. Es liegt an der Struktur.
Konzernlogik bedeutet:
- Viele Stakeholder.
- Lange Entscheidungswege.
- Viel Verantwortung – aber oft wenig Mut.
- Hoher Aufwand für jede noch so kleine Veränderung.
Dazu kommt:
- Veränderungen haben meist größere Auswirkungen – und damit ein höheres Risiko.
- Der Veränderungsdruck ist geringer – weil es ja irgendwie läuft.
- Und je größer das System, desto schwerfälliger die Bewegung.
Aber genau darin liegt auch der Hebel:
Wenn sich ein Konzern bewegt, bewegt er viel.
Und wenn er sich aus eigener Kraft bewegt – statt erst durch Druck von außen – ist der Wandel auch nachhaltiger.
Veränderung braucht Menschen – nicht nur Pläne
Was oft übersehen wird:
Veränderung passiert nicht auf PowerPoint-Folien. Sie passiert in Köpfen, in Gesprächen, in kleinen Alltagsentscheidungen.
Ich habe erlebt, wie gut gemeinte Strategien scheitern – nicht weil sie inhaltlich falsch waren, sondern weil niemand sie mittragen wollte. Oder konnte. Oder verstanden hat, warum sie nötig sind.
Deshalb ist mir eines besonders wichtig:
Veränderung darf nicht über die Köpfe der Mitarbeitenden hinweg passieren.
Man muss sie mitnehmen – fachlich, emotional, kulturell.
Man muss zuhören. Erklären. Aushalten, dass nicht alle sofort mitgehen. Und trotzdem dranbleiben.
Denn nur so wird Veränderung glaubwürdig. Und nur so bleibt sie dauerhaft.
Fazit: Dieser Satz darf nicht das letzte Wort sein
„Das haben wir schon immer so gemacht“ klingt harmlos. Ist es aber nicht.
Es ist ein Satz, der jede Diskussion abwürgt.
Ein Satz, der Fortschritt verhindert.
Ein Satz, der Veränderungen blockiert, bevor sie überhaupt angedacht werden.
Gerade in komplexen Organisationen lohnt sich deshalb der Blick von außen.
Er bringt Klarheit. Neue Impulse. Und manchmal auch die nötige Portion Unbequemlichkeit.
Denn wer sich nie verändert, wird irgendwann verändert – von außen.
Und besser, man gestaltet den Wandel selbst, als ihm hinterherzulaufen.